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Was westfÀlische Autorinnen und Autoren zu sagen haben.

Zum Profil der Reihe: Tonzeugnisse zur westfÀlischen Literatur

Synergieeffekte soll man nutzen, wo immer sie sich auftun. Besonders in Zeiten knapper Kassen. Es ist ein glĂŒcklicher Umstand, wenn sich solche Kooperationen nicht durch Ă€ußeren Zwang, sondern durch thematische Überschneidungen und gleichgelagerte Interessen ergeben. Bei den Gemeinschaftsprojekten der Literaturkommission mit dem Landesmedienzentrum Westfalen, einer weiteren Einrichtung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, liegt so ein Idealfall vor. Konkret: Die von der Literaturseite aufgefundenen, zum Teil einzigartigen Tondokumente bilden eine nicht unwesentliche Bereichung des Bild-Film-Tonarchivs des Landesmedienzentrums. Die Literaturkommission profitiert ihrerseits vom produktionstechnischen Know-how des Landesmedienzentrums und der vorgehaltenen technischen Ausstattung (Tonstudio, Schneideraum etc.). Letzteres, die Hardware, ist eine unabdingbare Voraussetzung fĂŒr die Wiederveröffentlichung akustischer Literaturzeugnisse, wenn diese Ă€lteren Datums sind und sich auf mangelhaften ÜberlieferungstrĂ€gern befinden. Oft stammen sie aus dem privaten Bereich und wurden noch mit dem Mikrofon aufgenommen. Im Falle der hier in Rede stehenden Reihe „Tonzeugnisse zur westfĂ€lischen Literatur“ bedurften sĂ€mtliche FundstĂŒcke einer sorgfĂ€ltigen tontechnischen Nachbearbeitung. Auch die Gestaltung des Booklets (einschließlich der Digitalisierung von Fotomaterial) und die Abwicklung der Herstellung – vom Rohmaster bis zum Endprodukt – lagen in den bewĂ€hrten HĂ€nden des Partners.
Die im Hintergrund virulente Frage lautet: Wie interessant ist das Material? Lohnt es eine Veröffentlichung als Tonkonserve? Reicht nicht eine Transkription und Veröffentlichung in Buchform aus? Hier ist einzuwenden, dass die Tonzeugnisse eine AuthentizitĂ€t besitzen, die weit ĂŒber den bloßen Wortlaut hinausgeht. Wir erleben die seit Jahrzehnten verstorbenen Dichter gleichsam noch einmal „live“ und mischen uns bei ihren Lesungen unter das Publikum. Und wohl dem, der bei eigenen Vortragsveranstaltungen auf solche illustrativen FĂŒllsel zurĂŒckgreifen kann. Ihm ist die Dankbarkeit eines Publikums gewiss, das seine „multimediale“ Aufbereitung in der Regel mit erhöhter Aufmerksamkeit quittiert.
Zwei Beispiele: Der MĂŒnsterer Autor Peter Paul Althaus (1892-1965) beglĂŒckte von seiner Schwabinger Dachstube aus seine Freunde in der Heimat mit skurrilen „Tonbandbriefen“, auf denen er unter anderem literarische Texte und autobiografische Statements zum Besten gab. WĂ€ren diese alten Philips- und BASF-TonbĂ€nder im heute kaum noch marktgĂ€ngigen Format der 9,5 und 18 cm-Spulen nicht privat aufbewahrt worden, wĂ€ren viele Aufzeichnungen des Schriftstellers unwiederbringlich verloren.
In der Kölner Bahnhofsbuchhandlung König fanden Anfang der 1950er Jahre regelmĂ€ĂŸige Autorenlesungen statt, die sich des Besucherandrangs kaum erwehren konnten. Dort stellte Heinrich Böll seinen spĂ€ter vielbeachteten Essay ĂŒber den Begriff „TrĂŒmmerliteratur“ vor. Koautor war der Warendorfer Schriftsteller Paul SchallĂŒck (1922-1976). Im Anschluss an die Lesung entspann sich eine lautstarke, kontrovers gefĂŒhrte Diskussion, an der sich SchallĂŒck wortgewaltig beteiligte. Bölls Text liegt heute zwar als Aufsatz vor; als Tondokument erlangt er jedoch ein ganz anderes Kolorit. Die akustische Umrahmung – sei es durch die lauten Unmuts- oder Beifallsbekundungen der Zuhörer oder auch durch den LĂ€rm vorbeirauschender ZĂŒge – verleiht dem Text eine besondere zeithistorische Note. Nicht zuletzt wird man gewahr, welchen Stellenwert solche Lesungen damals in der Öffentlichkeit einnahmen. Die Literatur war das Medium bei der weltanschaulichen Orientierungssuche.
GrundsĂ€tzlich gilt: Schriftsteller haben, wenn sie ĂŒber die entsprechenden technischen Möglichkeiten verfĂŒgten, eigene RundfunkbeitrĂ€ge oder Sendungen, die ĂŒber sie im Rundfunk liefen, mitgeschnitten. So verhĂ€lt es sich auch bei der ersten Produktion, die die Literaturkommission gemeinsam mit dem Landesmedienzentrum realisierte. In Band 1 der Reihe „Tonzeugnisse zur westfĂ€lischen Literatur“ gelangen DiskussionsbeitrĂ€ge des Schmallenberger Dichtertreffens aus dem Jahre 1956 zu Gehör. Das Treffen markierte einen Umbruch in der westfĂ€lischen Literaturszene. Es kam zu einem Eklat, als jĂŒngere Autoren den Ă€lteren ihre nationalsozialistische Vergangenheit vorwarfen und eine vollstĂ€ndige Neuorientierung der westfĂ€lischen Literatur forderten. Sie postulierten eine Literatur, die sich vom archaischen Bauernroman zum modernen Roman existentialistischer PrĂ€gung emanzipieren und die Technisierung des Alltags zum Gegenstand haben sollte.
Bislang lagen fast keine Zeugnisse ĂŒber den Verlauf des spĂ€ter als legendĂ€r eingestuften Treffens vor, man war auf Spekulationen und die Presse-Berichterstattung angewiesen. Das programmatische Referat des MĂŒnsterer Literaturdozenten Clemens Heselhaus, das den Streit vom Zaune gebrochen hatte, war nur in Umrissen bekannt und gelangte nie zum Druck. Auf einem Tonband im Nachlass des westfĂ€lischen Schriftstellers Erwin Sylvanus (Stadt- und Landesbibliothek Dortmund) fand sich nicht nur ein Mitschnitt des Heselhausschen Referats, sondern auch der anschließenden, hitzigen Diskussion.
Via Tonbandaufzeichnung erfahren wir auf diese Weise viel ĂŒber den kulturellen „NĂ€hrboden“ Westfalens in den 1950er Jahren. Er prĂ€sentiert sich als weithin weltanschaulich beengte AtmosphĂ€re, mit der sich Schriftsteller und KĂŒnstler arrangieren mussten und gegen die sie immer offensiver zu opponieren begannen. Nach dem Schmallenberger Dichterstreit wurde nicht mehr so unbefangen von und ĂŒber westfĂ€lische Dichtung gesprochen. Es kam vieles in Bewegung, Verkrustungen brachen auf. Im RĂŒckblick urteilten zwei beteiligte Autoren: „Das ‚Schmallenberger Ereignis‘ ist eine der heilsamsten und spontansten geistigen Auseinandersetzungen gewesen, die Westfalen in den letzten Jahren erlebt hat. Sie hat erwiesen, daß sich eine Heimatdichtung noch lĂ€ngst nicht von selbst versteht und wie alle echten schöpferischen VorgĂ€nge ein ‚brutales GeschĂ€ft‘ ist, das zu tĂ€glich neuen Auseinandersetzungen herausfordert.“ (Walter Vollmer, 1963) – „...eines ist sicheres Faktum geworden: Seit Schmallenberg gibt es keine KontinuitĂ€t mehr in der westfĂ€lischen Literatur... TrĂ€nen der Trauer oder der Wut sind deswegen nicht mehr am Platze.“ (Friedrich Wilhelm Hymmen, 1969)
Bei der zweiten gemeinsamen Produktion wurde auf Tonzeugnisse in Nachlass des Schriftstellers Ernst Meister zurĂŒckgegriffen. Ernst Meister (1911-1979) ist einer der wichtigsten deutschen Gegenwartsautoren ĂŒberhaupt. Er wurde unter anderem mit dem BĂŒchner- und Droste-Preis ausgezeichnet. Von seinen wichtigsten Autorenlesungen scheinen keine Tondokumente ĂŒberliefert zu sein. Allerdings fand sich im Nachlass eine Reihe von TonbĂ€ndern, auf denen Lesungen in Buchhandlungen oder auch im privaten Kreis dokumentiert sind. FĂŒr die Ton-CD „Fern liegt Eleusis“ wurden Gedichte aus vier Lesungen ausgewĂ€hlt, die Meister privat oder öffentlich, vermutlich in Hagen, durchfĂŒhrte. Die AuszĂŒge stammen aus GedichtbĂ€nden, die zwischen 1956 und 1979 erschienen. Der grĂ¶ĂŸte Komplex stammt aus Meisters letzter Gedichtsammlung „Wandloser Raum“ – fast 50 Texte. Das Gedicht „Wenn dieser Stein“ wurde erst spĂ€ter aus dem Nachlass publiziert. Insgesamt konnten fĂŒr die CD 89 Gedichtrezitationen Meisters fĂŒr die Nachwelt „gerettet“ werden.
Vom Autor gelesen, erlangen die Texte eine charakteristische FĂ€rbung. In vielen FĂ€lle erleichtert das gesprochene Wort den Zugang zu den schwierigen, philosophisch inspirierten Texten. Die Tonzeugnisse, die jahrelang unbeachtet in einem privaten Archiv schlummerten, bilden eindrucksvolle persönliche Dokumente. Dies gilt vor allem fĂŒr die kurz vor Meisters Tod aufgenommene Lesung aus „Wandloser Raum“.
Eine weitere Ton-CD war dem erwĂ€hnten Paul SchallĂŒck gewidmet. Der Warendorfer Autor zĂ€hlte zu den profiliertesten Schriftstellerpersönlichkeiten der 1950er und 1960er Jahre. Oft wurde sein Name in einem Atemzug mit dem seines Freundes und literarischen WeggefĂ€hrten Heinrich Böll genannt. Beide gehören einer Literaturströmung an, die heute als „Kahlschlag-“ bzw. „TrĂŒmmerliteratur“ bezeichnet wird. Die Romane dieser Autorengruppierung setzten sich kritisch mit der restaurativen gesellschaftlichen Entwicklung Westdeutschlands nach 1945 auseinander. „So direkt, so ungeduldig und anklĂ€gerisch hat wohl kein Schriftsteller der Nachkriegsliteratur nach dem Verbleib der Wahrheit gefragt und nach den Schlussfolgerungen, zu denen sie uns zwingt.“ (Siegfried Lenz)
Eine Zeitlang war SchallĂŒck ein HoffnungstrĂ€ger der deutschen Literatur. Sein Werk wurde mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Annette-von-Droste-HĂŒlshoff-Preis (1955) und dem Nelly-Sachs-Preis (1973). Seine literarische Heimat war die „Gruppe 47“, an deren Treffen er von 1952 bis 1964 regelmĂ€ĂŸig teilnahm.
SchallĂŒcks eigentliches Metier war die Prosa. Seine fĂŒnf Romane, die zwischen 1951 und 1967 herauskamen, sowie seine Kurzgeschichten, von denen einen Auswahl unter dem Titel „Lakrizza“ (1966) erschien, trafen den Nerv des Zeitgeschmacks. SchallĂŒcks vierter Roman, Engelbert Reineke (1959), gilt als sein erzĂ€hlerisches Hauptwerk. Der Text wurde in viele Sprachen ĂŒbersetzt. Die Erstauflage war mit einem Novum in der deutschen Verlagsgeschichte verknĂŒpft. Sie erschien in einer Auflage von 40.000 Exemplaren nicht als Hardcover, sondern als preisgĂŒnstige Taschenbuchausgabe. Autor und Verlag wollten damit erreichen, dass das Buch in den Mief der letzten Kleinstadt gelangte, gegen den es vehement geschrieben war.
SchallĂŒck war jedoch nicht nur „Belletrist“, sondern auch ein profilierter Kritiker. Eine Auswahl seiner gesellschaftskritischen Essays gelangte 1962 unter dem Titel „Zum Beispiel“ zur Veröffentlichung. Der Nachlass birgt Hunderte kritischer Leitartikel, Statements und Pamphlete, die im Rundfunk zu hören waren oder in Zeitungen und Zeitschriften erschienen. Man erkennt einen unbeugsamen, unbestechlichen Moralisten, der es mit seinem gesellschaftspolitischen Engagement radikal ernst meinte und keiner Auseinandersetzung aus dem Weg ging. Der WDR war dabei sein „Haussender“.
Auf der Doppel-CD „Daran glaube ich. Ein Paul-SchallĂŒck-PortrĂ€t“ wurden, teilweise vom Autor selbst, teilweise von Georg BĂŒhren gesprochen, charakteristische Texte des SchallĂŒckschen Oeuvres zu Gehör gebracht. ZusĂ€tzlich bot ein Feature einen Überblick ĂŒber Leben und Werk SchallĂŒcks. Es thematisiert unter anderem die Frage, ob sein Werk heute noch zeitgemĂ€ĂŸ und lesenswert ist.
Ein viertes Projekt befindet sich in der Endphase der Realisierung. Es handelt sich um eine Doppel-CD mit Tonzeugnissen der Bertolt-Brecht-Freundin Elisabeth Hauptmann (1897-1973), die selbst als Schriftstellerin und BĂŒhnenautorin in Erscheinung trat.
Kurz vor ihrem Tod willigte Elisabeth Hauptmann ein, an einer Fernsehdokumentation des damaligen DDR-Fernsehens ĂŒber ihre Person mitzuwirken. Ihre GesprĂ€chspartner waren die drei jungen Filmemacher Dr. Wolfgang Gersch, Rolf Liebenau und Karlheinz Mund. Die Tonspur zu dem 1972 entstandenen, einstĂŒndige Film „Die Mit-Arbeiterin“ ist im Elisabeth-Hauptmann-Nachlass im Archiv der Berliner Akademie der KĂŒnste erhalten geblieben – 52 TonbĂ€nder Ă  20 Minuten. Sie bilden die Grundlage des in Rede stehenden Features.
Das Interview fand in angenehmer, lockerer AtmosphĂ€re statt. Man war sich sympathisch. Es wurde gescherzt und gelacht. Man nahm und ließ sich Zeit. Elisabeth Hauptmann prĂ€sentierte sich in bester GesprĂ€chslaune und war bereit, auch ĂŒber intimere Details zu plaudern.
Sie Ă€ußerte sich nicht nur ĂŒber ihre Beziehung zu Brecht, sondern auch ĂŒber ihre Lebenssituation in Westfalen, in Berlin und spĂ€ter im Pariser und amerikanischen Exil. Auch kam sie wiederholt auf ihre eigenen literarischen Werke zu sprechen, die Ende der 1920er/Anfang der 1930er Jahre hohe WertschĂ€tzung erfuhren, heute aber weitgehend vergessen sind. Ziel der geplanten Tondokumentation ist es, Elisabeth Hauptmann als eigenstĂ€ndige Autorin wieder zu entdecken und zu wĂŒrdigen.
Die in der Forschung vertretene These, Brecht habe seine Mitarbeiter und vor allem seine Mitarbeiterinnen einseitig ausgebeutet – Stichwort „Sex for Text“ (John Fuegi) – , wird durch die vorliegenden Interviews widerlegt. Elisabeth Hauptmann betont immer wieder, dass sie freiwillig fĂŒr Brecht arbeitete. Alternative Arbeitsmöglichkeiten seien fĂŒr sie nie in Betracht gekommen. Es war ein Geben und ein Nehmen. Ruth Berlau spĂ€ter: „Ich glaube, die literarische Zusammenarbeit mit Elisabeth Hauptmann war die engste, die Brecht je gehabt hat. Die Hauptmann war selbst eine Schriftstellerin. Sie hat diese FĂ€higkeit in den Dienst von Brecht gestellt.“
Als Sabine Kebir Mitte der 1990er Jahre im Zusammenhang mit ihrem 1997 erschienenen Buch „Ich fragte nicht nach meinem Anteil. Elisabeth Hauptmanns Arbeit mit Bertolt Brecht“ Recherchen anstellte, machte sie Karlheinz Mund auf die Tonbandaufzeichnungen des DEFA-Films aufmerksam und stellte ihr AuszĂŒge zur VerfĂŒgung. Kebir: „Beim Abhören der BĂ€nder war ich sofort von Elisabeth Hauptmanns Stimme beeindruckt. Die Ruhe und SouverĂ€nitĂ€t, die sie ausstrahlte, gehörten nicht jenem verbitterten – weil zu kurz gekommenen – weiblichen Wesen an, das die Literatur ĂŒber sie so oft suggeriert. NatĂŒrlich konnte sie 1972 eine positivere Bilanz ihrer zeitweise symbiotischen NĂ€he zu Brecht ziehen, als es wĂ€hrend des direkten Erlebens immer möglich gewesen war. Die Herausgabe des in einigen Teilen gemeinsamen Werks hatte ihr zweifellos auch ein GefĂŒhl von Macht gegeben gegenĂŒber diesem Werk und auch seinem ehemaligen Organisator, Brecht. Aber auch der Inhalt der GesprĂ€che faszinierte mich. Dass die privaten Details, die im Film noch gefehlt hatten, hier durchaus anklangen, gehörte noch zu den geringsten Überraschungen. Es war mir unerklĂ€rlich, wieso die (mangelhaften) Mitschriften der TonbĂ€nder zwar von diesem oder jenem Brechtbiographen benutzt worden sind, niemand aber je an eine Publikation der TonbĂ€nder selbst gedacht hat. Denn sie stellen nicht mehr und nicht weniger als die authentischste und ausfĂŒhrlichste aller Quellen ĂŒber die kollektive Arbeitsweise Brechts dar.“ (S. 13)
Dieses VersĂ€umnis möchte das in Arbeit befindliche Audio-Feature wettmachen. Es greift auf rund 70-Minuten O-Ton Hauptmanns zurĂŒck. Dank der Mithilfe Munds konnten auch weitere Tonbandaufzeichnungen einbezogen werden, die bei VorgesprĂ€chen zum „Mit-Arbeiterin“-Film entstanden. Sofern sie in schlechter TonqualitĂ€t ĂŒberliefert sind, wurden sie von der Autorin Elisabeth Plessen nachgesprochen.
Die Tonbandprotokolle stellen einzigartige Zeugnisse dar. Sie hellen nicht nur literarische Kontexte, sondern auch zeithistorische und persönliche ZusammenhÀnge auf plastische Art und Weise auf. Dass die Zeugnisse jahrzehntelang kaum von der Forschung wahrgenommen wurden, erscheint kaum erklÀrlich.
Die Kooperation mit dem Landesmedienzentrum hat aus Sicht der Literaturkommission die Realisierung der genannten Projekte wesentlich erleichtert bzw. erst möglich gemacht. Hierzu trug auch die angenehme ArbeitsatmosphÀre wÀhrend der Produktionen bei.


Walter Gödden

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