Die aus zehn Diskussionsbeiträgen bestehende Publikation des Landschaftsverbandes Rheinland, "Der kulturhistorische Auftrag, Dokumentationsinteresse und Bestandesergänzung", rückt die Bedeutung der Kulturarchive ins Zentrum der Betrachtung.
So wird einerseits ihre Aufgabe anhand verschiedener kultureller Institutionen des Rheinlandes, etwa aus dem künstlerischen, literarischen und musikalischen Bereich, verdeutlicht. Hierdurch wird die kulturelle Vielfalt der Archivlandschaft veranschaulicht.
Andererseits wird mit den für Kulturarchiven charakteristischen thematischen Schwerpunkten und in der Regel nach Pertinenzprinzip angelegten Sammlungen das Verhältnis und die Unterschiede zur traditionellen, provenienzgebundenen Archivistik diskutiert.
Die teilweise noch immer geläufige Einstellung, in den kulturellen "Dokumentationsstellen", beispielsweise Literatur- oder Künstlerarchiven, eine "Ergänzungsüberlieferung" zu den staatlich-traditionellen Archiven zu bilden, wird in den Diskussionsbeiträgen hinterfragt, bzw. kritisiert.
So betont Bernd Kortländer (Heinrich-Heine-Institut, Düsseldorf) den Eigenwert und die wachsende Bedeutung, bieten doch beispielsweise Nachlässe einzelner Kulturakteure im Gegensatz zu Verwaltungsschriftgut neue, oft anschaulichere Blickwinkel auf historische Problemstellungen.
Eine kategorische Trennung der Archivformen erscheint ihm als nicht mehr zeitgemäß, und so seien Stadtarchive, die tradierte Grenzen dadurch aufheben, dass sie Verwaltungs- und Kulturarchiv in einem sind, zu begrüßen.
Als wünschenswert wird auch eine sinnvolle Mitwirkung klassischer Archive bei kulturellen, lokalen Institutionen betrachtet: Bernd Meyer (Deutscher Städtetag, Köln) verdeutlicht in seinem Beitrag u.a. die gesellschaftlich notwendige Aufgabe, gerade in Zeiten wachsender globaler Möglichkeiten und Veränderungen, auch das menschliche Interesse an seiner Herkunft, seinen lokalen Bezügen und Bindungen zu pflegen und die geschichtliche Identität eines Ortes aufrechtzuerhalten. Archiven kommt bei dieser Aufgabe eine besondere Rolle zu. Sie sollen mehr als Verwaltungsarchive sein und an kommunalen Handlungsfeldern mit kulturellen Institutionen beteiligt sein.
Insgesamt plädiert die Publikation auf 108 Seiten für einen Austausch und Dialog über das Thema "kulturelle Überlieferung". Dies soll immer zum Nutzen der interessierten Öffentlichkeit geschehen. Zum Umdenken innerhalb der Archivarszunft, die sich bislang stark auf ihre Kernaufgaben zurückgezogen hat, dürfte dieser Band jedenfalls beitragen.
Der kulturhistorische Auftrag, Dokumentationsinteresse und Bestandsergänzung, herausgegeben vom Landschaftsverband Rheinland, Köln 2006