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FĂŒr einen MitmĂ€rtyrer in DĂŒsseldorf. Eine Widmung Herbert Eulenbergs an Arthur Schlossmann

Von Karoline Riener
Diese kurze Widmung wirft die Frage nach der Verbindung dieser beiden – damals fĂŒr das DĂŒsseldorfer kulturelle Leben bedeutenden, heute grĂ¶ĂŸtenteils vergessenen – Persönlichkeiten und gleichzeitig die Frage nach einer weitergehenden Vernetzung DĂŒsseldorfer Intellektueller im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts auf, die sich in zwei so unterschiedlichen Personen, wie dem Kinderarzt, Sozialhygieniker und nationalliberalen Politiker Schlossmann und der „Inkarnation eines ‚rheinischen Dichters‘“ (2), dem WeltbĂŒrger, Pazifisten und Monisten Herbert Eulenberg zu manifestieren scheint.

Mit Arthur Schlossmann, von 1906 bis zu seinem Tod im Jahr 1932 Direktor der DĂŒsseldorfer Kinderklinik der StĂ€dtischen Krankenanstalten, wichtige Figur in der Erweiterung der DĂŒsseldorfer Akademie fĂŒr praktische Medizin (1919-1923), Initiator und Mitorganisator der DĂŒsseldorfer Ausstellung „GeSoLei“ (1926), verknĂŒpft man besonders in DĂŒsseldorf bedeutende Ereignisse und Institutionen:

Als Kinderarzt und Pionier in der BekĂ€mpfung der SĂ€uglingssterblichkeit erlangte der aus einer deutsch-jĂŒdischen Kaufmannsfamilie stammende, in Breslau/WrocÂław geborene Schlossmann einen ĂŒberregionalen Bekanntheitsgrad. In den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts hatte Schlossmann im Dresdner Arbeiterwohnviertel „Johannstadt“ in den RĂ€umen seiner Praxis eine Poliklinik fĂŒr Kinder und SĂ€uglinge gegrĂŒndet, um durch poliklinische Betreuung und Verbesserung der ErnĂ€hrung die Verringerung der SĂ€uglingssterblichkeit zu erreichen. Diese Klinik bildete zusammen mit einer weiteren von Schlossmann begrĂŒndeten Einrichtung – dem deutschlandweit ersten Heim fĂŒr kranke SĂ€uglinge – den Grundstock des im Jahr 1904 eröffneten stĂ€dtischen SĂ€uglingsheimes mit angeschlossener Kinderpoliklinik.
1906 wurde Schlossmann als Ordinarius fĂŒr Kinderheilkunde an die in Zusammenhang mit den StĂ€dtischen Krankenanstalten neu gegrĂŒndete „Akademie fĂŒr praktische Medizin“ in DĂŒsseldorf berufen. Die Gleichstellung dieser, zunĂ€chst als FortbildungsstĂ€tte fĂŒr Mediziner gegrĂŒndeten Akademie mit einer medizinischen universitĂ€ren AusbildungsstĂ€tte, die zur GrĂŒndung der „Medizinischen Akademie“ im Jahr 1923 fĂŒhrte, ging ebenfalls auf eine Initiative Schlossmanns zurĂŒck: 1919 als Abgeordneter der „Deutschen Demokratischen Partei“ Friedrich Naumanns in den Preußischen Landtag gewĂ€hlt, war er maßgeblich an der Zustimmung des Kultusministers zur Einrichtung des Unterrichts fĂŒr die klinischen Semester beteiligt. Diese vorlĂ€ufige Zustimmung, die zunĂ€chst vor allem Kriegsheimkehrern ermöglichen sollte, ihr Medizinstudium zu beenden, mĂŒndete 1923 in einem Staatsvertrag mit der Preußischen Regierung ĂŒber die endgĂŒltige Aufnahme des klinischen Unterrichts und der faktischen Gleichstellung der Akademie mit einer universitĂ€ren AusbildungsstĂ€tte – die Keimzelle der heutigen Heinrich-Heine-UniversitĂ€t war somit geschaffen.

Eine zentrale Rolle spielte Schlossmann auch bei der Organisation und DurchfĂŒhrung der „Großen Ausstellung fĂŒr Gesundheitspflege, Soziale FĂŒrsorge und LeibesĂŒbungen“ (GeSoLei). Im Rahmen der BemĂŒhungen Schlossmanns, auf Weisung des BĂŒrgermeisters Robert Lehr die 89. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte im Jahr 1926 nach DĂŒsseldorf zu holen, wurde erwogen, zeitgleich eine Ausstellung durchzufĂŒhren und Schlossmann die Planung zu ĂŒbertragen. (3) In dem von Schlossmann gegrĂŒndeten privatrechtlichen Ausstellungsverein saßen u.a. als Vorstandsvorsitzender der Industrielle Ernst Poensgen, als sein Stellvertreter Robert Lehr und als GeschĂ€ftsfĂŒhrer Arthur Schlossmann.

Die „GeSoLei“ bĂŒndelte in ihren Implikationen ein Motivgeflecht aus Hoffnung auf wirtschaftlichen Aufschwung, technischem Fortschrittsglauben und nationalem Aufbauwillen und nahm mit der Universalisierung der Begriffe „Krankheit“ und „Gesundheit“ eine in der Weimarer Republik dominante Rhetorik fĂŒr die Beschreibung der gesellschaftlichen Verfasstheit auf. „Hygiene“ fungierte in diesem Kontext als hypertrophe Metapher fĂŒr die BewĂ€ltigung sozialer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Konflikte (4) - eine Sichtweise, die sich auch in den begleitenden und vorbereitenden Publikationen Schlossmanns zur GeSoLei finden lĂ€sst.

Die Bedeutung, die Schlossmann in DĂŒsseldorf beigemessen wurde, lĂ€sst sich nicht zuletzt an der umfangreichen Festschrift ablesen, die anlĂ€sslich seines 60. Geburtstages mit finanzieller UnterstĂŒtzung zahlreicher Firmen aus DĂŒsseldorf und Umgebung von Robert Lehr herausgegeben wurde und zu der namhafte Politiker und Wissenschaftler fĂŒr BeitrĂ€ge gewonnen werden konnten. (5)
Was allgemein Herbert Eulenbergs Bedeutung fĂŒr die DĂŒsseldorfer Kulturlandschaft angeht, so lassen sich – bei einer entsprechend weit gefassten Bedeutung von Kultur – durchaus Parallelen zwischen ihm und Schlossmann entdecken.

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