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Für einen Mitmärtyrer in Düsseldorf. Eine Widmung Herbert Eulenbergs an Arthur Schlossmann

Von Karoline Riener
Heute vielleicht weniger durch seine Dichtungen, als vielmehr durch seine Persönlichkeit und seinen Wohnsitz „Haus Freiheit“, bis in die dreißiger Jahre Treffpunkt internationaler Künstler und Wissenschaftler, bekannt, suchte Eulenberg immer Kontakte zu avantgardistischen Zirkeln meist „rheinischer“ Provenienz: Vor dem Ersten Weltkrieg u.a. als Veranstalter der „Morgenfeiern“ in Louise Dumonts und Gustav Lindemanns „Düsseldorfer Schauspielhaus“ tätig, war er nach 1918 Mitglied des „Aktivistenbundes“, Gründungsmitglied des „Immermann-Bundes“ und Förderer der Künstler des „Jungen Rheinland“.
Im Kontext der Entwicklungsphase der „GeSoLei“ ist die Bekanntschaft zwischen Schlossmann und Herbert Eulenberg dokumentiert: Als begleitende Dokumentation zum Aufbau der Ausstellung und für die grundsätzliche Darstellung ihrer Ziele erschien von Juli 1925 bis April 1926 die so genannte „GeSoLei-Zeitschrift“.

Wohl mit dem Ziel der Einbindung aller – in Düsseldorf in durchaus überschaubarer Zahl vorhandenen – kulturellen Akteure in die Ausstellungsvorbereitungen, wandte sich Schlossmann an Eulenberg und den zu der Zeit in Berlin lebenden Hanns Heinz Ewers mit der Bitte um publizistische Unterstützung in der Verbreitung des Ausstellungsdankens – Schlossmann betonte hierbei insbesondere die Widererlangung der kulturellen Führung für Düsseldorf in der Rheinregion. (6)
Dazu sollte für das Weihnachtsheft der „GeSoLei-Zeitschrift“ ein literarisches Preisausschreiben veranstaltet werden, für dessen Preisrichterkollegium Schlossmann ebenfalls Ewers und Eulenberg zu gewinnen hoffte. (Als Preisrichter fungierten später neben Eulenberg und Ewers Louise Dumont, der Leiter des Presseamtes der Stadt Düsseldorf, Hans Arthur Lux und Schlossmann selbst).

Bislang ist zwar nur der Briefwechsel zwischen Schlossmann und Ewers bekannt, doch dürfte die Anfrage Schlossmanns an Eulenberg, falls sie denn schriftlich erfolgt ist, nicht viel anders gelautet haben, als an Ewers. Dass die Antworten beider Autoren jedenfalls ähnlich ausfielen, zeigt das Postskriptum eines Briefes von Schlossmann an Ewers, der sich auf die Anfrage Schlossmanns hin vor allem über die mangelnde Wertschätzung beklagte, die man ihm in seiner Heimatstadt entgegen bringe. In Schlossmanns Erwiderung darauf heißt es:

„Herbert Eulenberg, mit dem ich seit vielen Jahren gut bekannt bin, wird ebenfalls später einen ähnlichen Artikel liefern. Wenn Sie gehört hätten, was er bei meinem Ansuchen sagte, so würden Sie mit Staunen oder ohne Staunen festgestellt haben, daß es wörtlich dasselbe war, was Sie geschrieben haben. Auch Herbert Eulenberg kann sich mit Recht darüber beschweren, daß er nirgends so wenig bekannt ist, wie in Düsseldorf.“ (7) Im selben Brief findet auch das bekannte Zitat Schlossmanns, das die geringe Wertschätzung, die man in Düsseldorf Literaten entgegenbringt, auf alle Bereiche des kulturellen städtischen Lebens erweitert:
„Am meisten wundert mich in ihrem Briefe, dass Sie sich über so manches wundern. Wer Düsseldorf kennt, weiss, dass hier immer alles, was auch nur eine Spur über die Oberfläche hevorragte, eins auf den Kopf bekommen hat und dass kein Mensch seit einem Jahrhundert, der einigermassen über das Niveau herausragte, in Düsseldorf Schätzung gefunden hat. [...] Auch ich habe viele und schwere Kämpfe hier durchmachen müssen und bin von Anfeindungen nicht verschont geblieben, obgleich ich auch manchem Spezialgebiete Düsseldorf Anregung gegeben und Vorteil gebracht habe. Ich habe allerdings, da ich Düsseldorf kenne, auf Dank und Anerkennung niemals gerechnet und werde das auch fürderhin nicht tun.“ (8)

In dieser Einschätzung Düsseldorfs als kulturfeindliche Stadt, die ihre Literaten, Künstler und Intellektuellen nicht nur nicht zu schätzen weiß, sondern sie vielmehr auch an ihrer Entfaltung hindert, mag der zentrale Berührungspunkt zwischen Eulenberg und Schlossmann gefunden sein. Hierbei ist die Bezeichnung „Mit-Märtyrer“ im Jahr 1922 wohl nicht mehr als eine launige Zustandsbeschreibung des Daseins in Düsseldorf und zeigt eine eher lockere Verbindung zwischen dem Schriftsteller und dem Arzt – wie es auch Eulenbergs Gepflogenheit entsprach, Exemplare seiner Werke bekannten Persönlichkeiten des politischen Lebens, wie z.B. Robert Lehr, Walter Rathenau und Gustav Stresemann zu schicken.

Darauf deutet auch ein paar Jahre später das Engagement Eulenbergs für die „GeSoLei-Zeitschrift“ hin: In einem humorvoll gehaltenen, gänzlich unideologischen Artikel und einem Gedicht sucht er unter Beschwörung des Düsseldorfer Lokalpatriotismus vor allem die Bürger zu animieren, beim Aufbau der Ausstellung mitzuhelfen und vor allem reichlich Geld zu spenden.
Nicht zuletzt dĂĽrfte sich die deutlich nationalistische Ausrichtung der GeSoLei nicht unbedingt besonders gut mit Eulenbergs Internationalismus vertragen haben.


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