Dass Galerie- und Kunsthandelsarchive überhaupt in öffentlichen Instituten gesammelt werden, lässt sich, soweit ich sehen kann, erst mit der Gründung der 'Archives of American Art' im Jahr 1954 belegen. Ansonsten war es im Großen und Ganzen so, wie Hans Peter Thurn, ehemals Professor für Kultursoziologie an der Düsseldorfer Kunstakademie, in seinem 1994 erschienenen Buch 'Der Kunsthändler' - der weltweit ersten Kulturgeschichte des Kunsthandels von der Antike bis zum Ende der 1980er Jahre - geschrieben hat. "Von der Antike bis zum 19. Jahrhundert galt ja der Kunsthändler als nicht geschichtsmächtig und insofern kaum berichtswürdig. Was ihn selbst betraf, wurde selten über die Phase seines konkreten Wirkens hinaus aufgehoben oder gar gesammelt. Geschäftsakten fielen am Ende der Berufsausübung oder nach dem Tod ihres Inhabers der Vernichtung anheim. Entsprechend unterschiedlich und lückenhaft muten die dennoch auffindbaren Zeugnisse der Kunstvermarktung an." [6]
Die fehlende Anerkennung einer Geschichtsmächtigkeit und Berichtswürdigkeit des Kunsthandels war verankert in den traditionellen Befassungsmustern der akademischen Kunstgeschichte bis in die 1980er Jahre hinein. Seitdem erst wandte sich die Forschung auch dezidiert der Ökonomie der Kunst zu. Der bekannteste Markstein für diesen neuen Forschungszweig war die Untersuchung von Svetlana Alpers zu 'Rembrandt's Enterprise: The Studio and the Market\\\', erschienen in der University of Chicago Press, 1988, und ein Jahr später in der deutschen Übersetzung 'Rembrandt als Unternehmer' [7]. Seitdem hat sich die Kunstgeschichte über das 17. Jahrhundert in ersten Schritten bis in den zeitgenössischen Kunstmarkt vorgetastet.
Historisch lässt sich die Ausbildung eines Kunstmarktes im heutigen Sinne erkennen am Paradigmenwechsel von einer vorwiegend für Kirche und Adel produzierten Auftragskunst zu einer für einen ausdifferenzierten anonymen Markt auch des Bürgertums produzierten Vorratskunst, und datieren würde man diesen Wechsel etwa in die Mitte des 18.Jahrhunderts. Der moderne Kunsthandel setzte ein mit dem Galerienwesen im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts mit seinen Pionieren wie Paul Durand-Ruel, die sich im Gegensatz zu den mit alter Kunst handelnden Kunsthändlern für die zeitgenössische avantgardistische Kunst einsetzten. [8] Paul Durand-Ruel war es, der den in seiner Heimat verlachten französischen Impressionismus über den Umweg des amerikanischen Kunstmarktes erst salonfähig machte. Diese Avantgarde-Galerien entwickelten sich zu einer neuen Instanz zur Feststellung der Kunstqualität. Für die Künstler wurden sie zur Eingangstür in das Kunstsystem und in die Öffentlichkeit. Für die Sammler, für das Museum und für die wissenschaftliche Kunstgeschichte waren nun sie es, die - nach den Kunstakademien - mit den neu entdeckten Künstlern das Neue in die Kunst einbrachten.