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Stephanie Jordans: Der Nachlass Ernst Meisters und das Konzept der textkritischen und kommentierten Ausgabe seines lyrischen Werkes [1]

Ernst Meister (1911-1979) zählt zwar zu den bedeutendsten deutschsprachigen Lyrikern des 20. Jahrhunderts, und er hat ein umfangreiches und vielschichtiges Werk hinterlassen, allerdings dürfte der Name nach wie vor nicht sonderlich bekannt sein. Helmut Arntzen spricht davon, dass „wohl bei keinem anderen deutschen Autor der jüngsten Vergangenheit noch immer ein solches Missverhältnis zwischen Bedeutung und Bekanntheit herrscht.“[2] Meister hat zwischen 1932 und 1979 über 20 Gedichtbände publiziert, sein umfangreiches Werk wurde mehrfach ausgezeichnet.[3] Der lyrischen Produktion kommt im literarischen Gesamtœuvre die größte Bedeutung zu, mindestens zu erwähnen sind außerdem Hörspiele, Prosaarbeiten, Theaterstücke sowie ein umfangreiches bildnerisches Werk.

Am Lehrstuhl für Allgemeine Literaturwissenschaft und Neuere Deutsche Literaturgeschichte der RWTH Aachen University entstand unter der Leitung von Prof. Axel Gellhaus im Auftrag der Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege, Düsseldorf, eine textkritische und kommentierte Ausgabe des lyrischen Werks von Ernst Meister. Die Herausgeber sind Axel Gellhaus, Stephanie Jordans und Andreas Lohr. Die Ausgabe erschien zum 100. Geburtstag des Autors im Wallstein Verlag, Göttingen. Die Edition konzentriert sich zunächst auf die zu Lebzeiten publizierte Lyrik aus den Jahren 1932-1979, also den Kernbereich des Œuvres, und wurde als erste Abteilung in fünf Bänden inklusive eines elektronischen Materialienanhangs vorgelegt. Ausgenommen bleiben vorerst die im Selbstverlag gedruckten und die nachgelassenen Gedichte sowie die Arbeiten in anderen literarischen Gattungen, etwa Prosa, Hörspiele und dramatische Versuche, für die eine zweite Abteilung zu planen wäre.

Die editorische Arbeit wurde von einem internationalen Editionsteam geleistet, dem 17 Bandbearbeiter aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden angehörten.[4] Ein siebenköpfiges Team bewerkstelligte die redaktionelle Arbeit.[5]

Im Auftrag der NRW-Stiftung wurde im Jahre 2000 am Aachener Lehrstuhl eine Ernst Meister-Arbeitsstelle eingerichtet. Die archivarische Bearbeitung des Nachlasses, seine wissenschaftliche Erschließung und die Koordination des internationalen Editionsteams sowie die Organisation regelmäßiger Tagungen waren die Aufgaben der Arbeitsstelle; das Ziel war die Nutzbarmachung des Nachlasses einerseits und die Vorbereitung der textkritischen und kommentierten Werkausgabe andererseits. Die Edition sollte, wissenschaftlichen Anforderungen genügend, eine breitere Rezeption des Lyrikers Ernst Meister ermöglichen. Es entstanden außerdem zwei Dissertationen[6], ein Materialienband[7] und eine Chronik[8] zum Leben und Werk Ernst Meisters.
Der Meister-Nachlass wurde von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Meister-Arbeitsstelle gesichtet, geordnet und sigliert; das aus dieser Arbeit entstandene Findbuch erschließt den gesamten Nachlass und ermöglicht den Zugriff auf Einzelblätter oder Blattkontingente. Das Editionsteam profitierte davon, dass die archivarische Arbeit in den Händen der Meister-Arbeitsstelle lag, denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügen über eine umfassende Kenntnis des umfangreichen Nachlasses.[9]

Zur Aufgabe der Erschließung des Nachlasses gehörte nicht nur die Erstellung einer Datenbank in Form eines Findbuches, sondern auch die Digitalisierung des gesamten lyrischen Nachlasses (Handschriften, Typoskripte, Durchschläge) sowie sämtlicher Werk- und Arbeitsbücher Ernst Meisters. Zudem wurde die gesamte Korrespondenz mit knapp 8.000 Briefeinheiten systematisch ausgewertet und das Ergebnis in Form einer Briefregesten-Datenbank dokumentiert. Außerdem wurde die Bibliothek des Autors erschlossen und ein Gesamtverzeichnis erstellt, das auch den Grad der handschriftlichen Bearbeitung bestimmt und vermerkt, wenn Widmungen, Gedichtentwürfe oder Notizen in den Büchern zu finden sind. Daten zum Leben und Werk des Autors wurden ebenfalls in Form einer Datenbank festgehalten.
Im Anschluss an die Erschließungsarbeiten wurde eine Homepage eingerichtet, deren nicht-öffentlicher Teil sukzessive um die Module und Datenbanken erweitert wurde, die unmittelbar aus der Erschließung des Nachlasses resultierten:

• Digitalisate des gesamten lyrischen Nachlasses (Handschriften, Typoskripte und Durchschläge)
• Digitalisate sämtlicher Werk- und Arbeitsbücher
• Digitalisate des Materials aus Privatarchiven (Walter Israel und Irena Demtröder)
• Digitalisate aus der Privatbibliothek Ernst Meisters
• Findbuch zum gesamten Nachlass (inklusive Prosa, Hörspiele, Theaterstücke)
• Gesamtverzeichnis der Bibliothek Ernst Meisters
• Regesten sämtlicher Briefeinheiten
• Gesamtverzeichnis der Briefwechselpartner
• Datenbank zur Biographie Ernst Meisters
• Ausgewählte Fotographien aus dem Nachlass
• Digitale Reproduktionen des bildnerischen Nachlasses
• Vollständiger Text des gedruckten lyrischen Gesamtwerks nach den Erstdrucken
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