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Stan Lafleur: Sportlergedichte

Neue Lyrik

die schwimmerin


die traenen der schwimmerin sammeln sich zur lake
der nation. geschockte kollegen haengen schlaff am
beckenrand mit vor schrecken zuckenden muskeln


sie, die aus den himmeln geschwommen kam mit
gleichmaeszigen armzuegen, schwester der sterne
nichte der wolken, die nun ihre traenen verstroemt


sie, die uns zu laecheln lehrte als sie die wogen
teilte & tollte wie ein delfin, pressefoto des jahres
haengt nun am tropf, der sie mit salzen versorgt


da hamse mir wohl nen jebrauchten tach anjedreht
stoehnt sie in die mikrofone der kameras, die der
maszlos leidenden den gnadenschusz erweisen


beachvolleyball


das ist sport! arschbacken quellen aus
scharf geschnittenen slips, ausschnitte
wackeln prall im takt: sweet little sixteen

schallts aus den boxen, ein tanz auf
der rasierklinge, das ganze spiel unter
aufsicht der gleiszenden mittagssonne


nur nicht die augen entbloeszen! wie
sie huepfen, wie sie sich waelzen!
grazile damen, gehudert von hundert


hemden in festen maennerhaenden
geben sie geheimnisvolle fingerzeichen
quellcodes, rund um den anus plaziert


verraten den gang der dinge, das auf
& nieder, immer wieder fliegen volley-
baelle auf verspiegelten brillen vorueber



der ringer


die hallenluft, in striemen geschnitten
wirbelt sie um die haeupter der fans
ein beinfasser bringt die entscheidung


trotz nasenpflaster, gebrochener finger
unterkiefer-zugverband hat er das mark
essenz jeden kampfs, den schmerz bis


zum schlusz zu umarmen, dem druck
auf den eigenen schaedel solange zu
widerstehen, bis die glocke ertoent


um dann, leb- & reglos, doch auf den
schultern der fans aus der halle bugsiert
& siegerbekraenzt im hospiz zu relaxen



tischtennis


aus seinen innereien gebiert er ball um
ball aus zelluloid, serviert eine stafette
schneller schlaege aus dem handgelenk


angeschnitten, auf die platte gedrechselt
wie choreografien irrsinniger ballerinen
die auf gummiwaende prallen, dellen &


unwuchten spielerisch wegsteckend auf
dem weg zum absoluten top spin. sein
gegner steht im jenseits & returniert


schmettert mit schlenkernden gelenken
die baelle mitten in die hauptsaetze der
thermodynamik. die spieler gratulieren


sich selbst nach dem match reden sie
kritisch ueber tomografische nachweise
aufnahmen stattgefundener bilokation


des kleinen weiszen balls & schwaermen
von den alten zeiten, als pong noch auf
ping folgte & bier auf bier beim bankett



finistère


racing stars: ihre stoffgewordnen seelen
beklebt mit sponsorenaufdrucken steigen
sie unaufhaltsam in den westlichen himmel


rising stars: in anschwellenden nachrichten
schueben flieszen ihre koordinaten ueber
den aether, aether der selbst ueberflieszt


& ebbe & flut schweigen zur ankunft des
stets temposteigernden trosses salutiert
bretonisch-muerrisch das alte salzmeer


unterlaufen von den glaubensparametern
der radstars, die mit ihren gengezuechteten
beinen das loch zur ewigkeit zufahren



roy makaay


einen wie ihn hatten wir nie zuvor gesehen
wie er mit haengender kinnlade einsam
in der weite des platzes herumtrabte, seine
dunklen augen hafteten auf einer vision


des balles, der als steilpass aus der ferne
seine unorthodoxe wanderung kreuzen, seinen
laufweg ein stueckweit begleiten wuerde
bevor er dann abzog, mit geschmierten hebeln

& einer mordseffizienz. ob mit dem kopf, mit
links oder rechts: stets suchte das geschosz
einen der vier winkel, mied den torhueter
wie der teufel das weihwasser an sonntagen


& der stets freundliche schlacks begann
zu jubeln, spitze kuppeln seine weiszen kniee
wie sie aus dem ewigen gruen des rasens
ragten, aus den marschen der niederlande



Stan Lafleur, geb. 1968, lebt als Autor und Spoken Word Performer in Köln, verschiedene Auszeichnungen, u.a. Rolf-Dieter Brinkmann-Stipendium 2001; Literaturpreis NRW 2002; Sylt-Quelle Förderstipendium 2004; Veröffentlichungen zuletzt: neue heimat, KRASH Neue Edition, Stahl Verlag, Köln 2004

Homepage: http://www.stanlafleur.de