Gaffel bis Ostern
Kölsch sprechen u. Kölsch trinken
Im kurzen Anschlag der Gläser -
Zwei in der Blüte der Leber:
Pol Pot in Nippes! Brinkmann, ein junger
Bauchtänzer, nackt in der Küche, sieht er
Die Frau, den Rauch ausstoßen u. träumt
Einen Fado über den Fluß, zwischen die schwarzen
Brauen fährt Nacht, dieses ungelenke Taxi
Im Stottern der Genitive.
Auf der Domplatte das Wedeln von Hunden
Als läge hier Tiefschnee.
Versickert der Vater, rechts-
Rheinisch, die Härte, als eine wieder-
Käuende Frau mit fehlendem Haft-
Grund aufquoll in Beuys Fettstuhl
U. jemand die Anlegestellen versenkte
Hinter dem Meer: kein Meer.
Fester geschlossen
Der Ring, im Gürtel der Rosen.
Die Binnenschiffe bei gutem Wetter
Zählen, bis ein weiblicher Paarreim
Vorübergeht.
O du frohe Unnatur, wenn die Heimat
Ein viel zu kurzes Bier!
MÜHLEN:
Woher diese Frische, wo doch kein Wind
ging um diese Stunde, in der die Stände
weder unten noch oben, den Marktplatz
mit Händlern u. Treibenden, zum Mittelpunkt
jetzt, der Erde
Durch Nippes spazieren mit den offenen
Augen der Füße:
Man sieht das Meiste, wenn man alles sieht!
(Zwischen Samenladen u. Wettbureau
die ausgewaschenen Steine an einem regnerischen
Vormittag)
Im Garten: die Liebeslaube, verstellt
(Geräte, die zärtlich zuschlagen)
Ich jäte, du jätest, wir jäten
Die Köpfe am Boden, Schnitte
in Blumen, handtief, die Lust
nach Granatäpfeln o. sie wenigstens
ein einziges Mal gezeichnet haben
Wieviele Mühlen
das Wasser berauschen?
(Ein Deckel weiß)
Nachts pinkle ich ins Spülbecken
u. denke an Hasenbrot in den Träumen
der Kleinkinder
Auf dem Kopfkissen
grüne Betthupfer u. morgens
die Eltern in Schichten
vom Spiegel gepellt
Tom Schulz: 1970 in der Oberlausitz geboren, aufgewachsen in Ost-Berlin.
Lebt als freier Autor in Berlin; Gedichte, Prosa, Kritiken und Glossen in Zeitungen, Zeitschriften und Anthologien; bisher erschienen: Städte, geräumt. Gedichte (Laufschrift Edition, Fürth, 1997), Trauer über Tunis. Gedichte (parasitenpresse, Köln, 2001), Abends im Lidl. Gedichte (Krash Neue Edition, Köln, 2004).