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Xu Pei: Rote Augen der Steinlöwen

Eine Parabel

Weil die Götter wieder einmal festgestellt haben, daß die Menschen alles, jedoch kaum noch Moral haben, wollen sie die Erde erneut von den tugendlosen Menschen befreien. Auch diesmal kommt ein Gott zur Welt, um diejenigen zu retten, die noch an das Göttliche glauben.

Endlich findet der als Wandermönch getarnte Gott eine bucklige Jungfer, die zwar keine Götterstatuen im Tempel anbetet, aber hohe Achtung vor dem aus Glauben an Gott bettelarmen Mönch zeigt und ihm auch die HÀlfte von dem gibt, was sie gerade zu essen hat, wÀhrend die Tempelherren den Mönch davon jagen.

Deshalb wird die Jungfer ausgewĂ€hlt, um den göttlichen Entschluß zu den Menschen zu bringen. Sie soll die Menschen so lang an ihre Tugendhaftigkeit erinnern, bis die Augen der Steinlöwen vor dem Tempel rot werden. Sobald dies geschieht, soll sie die Menschen dazu bewegen, mit ihr das Dorf zu verlassen.

Die Jungfer macht sich auf den Weg und geht von einer TĂŒr zur anderen. Aber niemand will ihre Botschaft ernst nehmen und viele halten sie sogar fĂŒr verrĂŒckt. Ein Gott ist erschienen? Unmöglich! Wie sollen Löwen aus Stein rote Augen bekommen? Die GlĂ€ubigen halten auch lieber an ihren Götterstatuen fest als an das Wunder zu glauben, daß der Buckel der Jungfer verschwunden ist. Die Jungfer trĂ€gt zwar keinen Buckel mehr, aber sie muß nun alles andere ertragen.

Die Jungfer versucht ihr Bestes, aber die Menschen haben alle etwas Wichtigeres zu tun, als ihrer Moralpredigt zuzuhören, bis auf einige Menschen mit kindlichem Herzen. Indes fÀllt einigen Buben ein Streich ein.

Eines Tages sieht die Jungfer, daß die Augen der Steinlöwen rot bemalt sind. Sie schreit, und die Buben brechen in ein großes GelĂ€chter aus.

Schließlich hat sie nur wenige Menschen dazu gebracht, ihr zu folgen.

Kaum haben sie das Dorf verlassen, hören sie ein GerĂ€usch. Sie blicken zurĂŒck, das Dorf wird wie von der Erde verschluckt, wĂ€hrend ein himmlisches Tor vor ihnen aufgeht.