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Bernd Kortländer: Rolf Bongs (1907-1981) zum 100. Geburtstag

Bernd Kortländer

Rolf Bongs (1907-1981) zum 100. Geburtstag


Vor hundert Jahren, am 5. Juni 1907, wurde der Schriftsteller Rolf Bongs in Düsseldorf geboren. Schon früh begann er zu schreiben; erste Lyrik erschien noch während des Studiums in den 1930er Jahren u.a. im Verlag “Die Rabenpresse”. Ein umfangreicher Gedichtband zog 1942 ein Fazit dieser ersten Arbeitsphase. Inzwischen hatte der Krieg begonnen, der auch für den gerade 30jährigen eine jähe Wende bedeutete. Erst musste er die Umsiedlungsaktionen sogenannter ‚Volksdeutscher’ schreibend begleiten. Dann baute er 1941 im Auftrag der Provinzialverwaltung der Rheinprovinz ein “Rheinisches Dichterarchiv” auf, dessen Handschriftenschätze heute im Rheinischen Literaturarchiv des Heinrich-Heine-Instituts liegen, inzwischen zusammen mit dem schriftstellerischen Nachlass von Bongs selbst.. Schließlich wurde er Berichterstatter von verschiedenen Fronten und landete in amerikanischer Gefangenschaft. Schon 1945 kommt Bongs nach Düsseldorf zurück und zieht bald in ein Haus in Lörick, das er bis zu seinem Tode am 20. November 1981 zusammen mit seiner Frau Ursula und seinem Sohn bewohnt. Er arbeitet jetzt als freier Schriftsteller und Journalist, häufig auch für die „Rheinische Post“, und wird eine feste Größe im Kulturleben der Stadt. Der Krieg hat seinen lyrischen Ton grundlegend verändert. Stehen die frühen Gedichte noch im Bann eines modernen, expressionistisch eingefärbten Klassizismus, so entwickelt er jetzt eine nüchterne, knapp konstatierende, einfache und eigenwillig rhythmisierte Sprache. Dieser Wandel ist auch einem neuen Verständnis von den Aufgaben des Schreibens geschuldet. Nach den Erfahrungen von Diktatur und Krieg steht für Bongs fest, dass die Kunst die Pflicht hat, über das Geschehene zu reflektieren und Lehren daraus zu ziehen. Unter dem Druck der Erinnerungen werden die glatten Oberflächen und die geschlossenen Formen zertrümmert. Besonders das Langgedicht kam diesem Ansatz entgegen. Eindrucksvolle Beispiele davon finden sich etwa in dem Band mit dem bezeichnenden Titel “Rechenschaft” von 1962. Die 1984 im Claasen-Verlag erschienene Auswahl „Ich sah, dass die Bäume zu gehen begannen“ versammelt Gedichte aus mehreren Einzelveröffentlichungen und gibt einen schönen Eindruck von der herben Art seiner Gedichte, in denen ein wichtiges Thema stets die karge, unspektakuläre Landschaft des Niederrheins ist. Der Moralist Bongs tritt uns deutlicher noch als in der Lyrik in der Prosa entgegen. Das gilt bereits für den Roman “Die feurige Säule” von 1953, der ein detailgenaues Sittengemälde aus dem zerstörten Düsseldorf der ersten Nachkriegsjahre liefert, ein Muss für jeden, der die Geschichte dieser Stadt verstehen will. Der moralische Impuls wird aber besonders sichtbar in Erzählungen wie “Monolog eines Betroffenen” von 1961, einer Bestandsaufnahme des Lebens in der faschistischen Diktatur, oder “Urteil über einen gemeinen Soldaten” (1966). 1980 erscheint sein letzter Roman, “Das amerikanische Mädchen”, und erneut sucht Bongs nach dem wahren Leben im falschen: der Ausbruch aus einer Existenz voller Zwänge kann nur im Tod der Protagonisten bewahrt werden.

Die Sprache von Rolf Bongs ist nicht sonderlich geschmeidig oder artistisch. Aber sie ist aufrichtig, nüchtern, klar und bewahrt trotzdem ihr Geheimnis. Denn auch wenn dieser Autor immer wieder eindringlich die Frage nach der Verantwortung des Künstlers in der deutschen Nachkriegsgesellschaft gestellt hat, so blieb er doch überzeugt davon, dass die Kunst einen ästhetischen Mehrwert besaß. Eines seiner Gedichte schließt: „Eines Tages ersann ein Mensch/ …/ Die Buchstaben, die Schrift./ Ihm war darnach./ Um zu sagen./ Was?/ Genau an der Stelle befinden wir uns noch.“.