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Bernd Kortländer: Überblick über die kulturelle Überlieferung in NRW

Vorlage für die Arbeitstagung in Brauweiler am 14.4. 2005
II.
Zum Abschluß meines kurzen Einführungsreferates möchte ich einige allgemeine Probleme ansprechen, die sich im Zusammenhang mit der Sammlung kultureller Überlieferung ergeben.
Ich hatte oben bereits die Definition eines Nachlasses aus den DFG-Richtlinien kurz zitiert. Ich wiederhole sie noch einmal in der ausführlichen Version: "Unter einem schriftlichen Nachlaß versteht man die Summe aller Manuskripte und Arbeitspapiere, Korrespondenzen, Lebensdokumente und Sammlungen, die sich bei einem Nachlasser zusammengefunden haben. ... Nachlässe besitzen als Gesamtkomplex wie in ihren Teilen einen verschieden hohen wissenschaftlichen und ideellen Wert."

Diese Beschreibung hat einen ideellen und einen materiellen Anteil. In beiden Bereichen stellen sich Fragen und Probleme, mit denen jede Sammeltätigkeit von literarischen Nachlässen, ganz gleich in welcher Form von Einrichtung, sich konfrontiert sieht:


1. Der ideelle Anteil

Zunächst stellt sich in dieser Hinsicht die Frage nach dem Sinn der kulturellen Nachlaßpflege ganz generell, und weiter nach den speziellen Verpflichtungen und Möglichkeiten, die sich dabei auf regionaler bzw. lokaler Ebene ergeben.
Darüber hinaus geht es um die Gewichtung und Wertung des gesamten Nachlasses bzw. einzelner Teile. Dabei können sich aus den sehr unterschiedlichen Beurteilungsniveaus sehr verschiedene Perspektiven ergeben und zu gegensätzlichen Ergebnissen führen.

Probleme:
- Welche kulturellen Nachlässe bzw. welche Teile eines Nachlasses werden überhaupt in öffentliche Archive übernommen (Kriterien)?
- Was kann kassiert werden?
- Welche Teile werden wie tief erschlossen?


2. Der materielle Anteil

Umfang des Materials:
In den Archiven unterscheidet man üblicherweise zwischen vollständigen Nachlässen, Splitter- oder Teilnachlässen und Sammlungen. Hinzu kommt als eigener Bereich die Sammlung von
Einzelautographen.

Probleme:
Sie ergeben sich aus der schieren Menge des Materials und bestehen in
- Lagerschwierigkeiten
- begrenzter personeller Kapazitäten (nicht aufgearbeitete Nachlässe nutzen wenig)

Art des Materials:
Nachlässe können alle möglichen Formen von Material enthalten, vom Typoskript bis zu Zeitungsausschnitten, Disketten, Ölbildern.

Probleme:
- Angemessene Aufbewahrung
- Konservierung
- Erfassung


3. Wie kommen kulturelle Nachlässe in welche öffentliche Einrichtung?

In diesem Feld zeigen sich gerade in Bezug auf NRW die größten Defizite.
Frage der Identifizierung und Erfassung von Nachlässen.
Als extreme Positionen stehen sich ein Nachlaß-Kataster und das reine Zufallsprinzip gegenüber. In der Realität gibt es im Moment eine Mischung aus Initiative der Archive und der Nachlasser bzw. ihrer Erben.
Nachlaß-Kataster würde die möglichst lückenlose Erfassung und Verortung erhaltenswerter kultureller Nachlässe bedeuten. Auf lokaler Ebene hatte dabei die Arbeit der leider inzwischen geschlossenen Abteilung LIK (Literatur in Köln) der Stadtbüchereien Köln Vorbildcharakter. Hier waren alle in Köln lebenden Autoren erfaßt; so bestand die beste Möglichkeit der direkten Ansprache. Solche Möglichkeiten bestehen aber selten. Die Kommunen und die überregionalen Sammelstellen sollten hier Unterstützung von einer zentralen Koordinierungsstelle erhalten.


3.2 Frage der Zuordnung von Nachlässen zu einer Sammelstätte

In Deutschland gilt das Regionalprinzip bzw. das Lokalprinzip; dieses Prinzip hat eine lange Tradition und viele Vorteile und sollte grundsätzlich beibehalten werden.

Gebrochen wird es durch den Willen von Nachlassern, die ihren Nachlaß gern in einem ganz bestimmten Archiv sehen möchten bzw. durch Wünsche von überregional orientierten Archiven. Konflikte sind hier nicht immer zu vermeiden, aber doch durch Absprachen der Archive zu minimieren.
Zu vermeiden ist die Zersplitterung der Archivlandschaft durch Bildung immer neuer Sammelstellen. Negativbeispiel ist das sogenannte "Westfälische Literaturarchiv" in Hagen.

Rogalla von Bieberstein hatte 1979 in seiner Erhebung geschrieben, der Dezentralismus sei zu fördern und zu erhalten; die Kommunen müssten dort entlastet werden, wo ihre Kapazitäten überschritten würden; und strukturelle Verbesserungen könnten durch Stärkung regionaler Zentren erreicht werden.
Die letzte Forderung zumindest ist in Ansätzen jetzt eingelöst: Mit dem Rheinischen Literaturarchiv im Heine-Institut wurde mit Hilfe des Landschaftsverbandes Rheinland inzwischen im Rheinland ein solches Zentrum geschaffen, und es ist zu hoffen, daß es dazu beitragen kann, den Umgang mit der kulturellen Überlieferung auf ein solideres und verläßliches Fundament zu stellen.

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